Nachdem quasi auf die letzte Minute die defekte Ladeelektronik unseres i3 repariert worden war, konnten wir die erste Langstreckenfahrt auf die holländische Insel Ameland antreten. Unsere erste Langstrecke und ohne Generalprobe des reparierten Laders. Erhöhte Schwierigkeit: Wir mussten die gebuchte Fähre um 15:30 Uhr erreichen. Also zu einer bestimmten Zeit ankommen. Keine Zeit für großartige Ladeexperimente oder Verzögerungen …
Die Vorbereitungen
Vor Beginn der Fahrt in die Niederlande hatte ich mich bei Fastned registriert und die zugehörige App geladen. Der Zugang war praktisch in Minuten freigeschaltet. Ausserdem habe ich mir die Ladekarte von TheNewMotion besorgt. Auch hier ging die Registrierung sehr einfach und schnell. Morgens per Fax beantragt und am Abend die Logindaten erhalten, zwei Tage später kam die RFID-Karte mit der Post. Damit waren wir für die Fahrt schon mal gut gerüstet. Vorsorglich hatte ich noch über meinen Autostromversorger BEW eine Essent Karte (RWE Roaming Partner) bestellt, die kam aber leider erst an, als wir schon unterwegs waren. Dann hatte ich versucht, eine Route mit Hilfe der Connected Drive Dienste am Computer zu planen und über BMW-Routes ans Fahrzeug zu senden. Leider musste ich feststellen, das anders als beim Verkauf besprochen, die dafür notwendige Komponente „6AK = Connected drive“ bei mir im Fahrzeug gar nicht verbaut worden ist, sondern nur die Standard „Remote Services“. Zum Glück wird BMW noch in diesem Sommer einen Online Shop anbieten, mit dem ich diese Funktion (und auch Real Time Traffic Information – RTTI) noch nachbuchen kann. Dies hat mir telefonisch Connected Drive so bestätigt. Auch Updates für das Kartenmaterial bekommt man dann auf diesem Wege. Löblich.
Letztlich stellte sich aber heraus, dass eine exakte Routenplanung vorab gar nicht sinnvoll ist, da die Reichweite nicht genau planbar ist und spätestens wenn eine Ladesäule belegt oder ausser Betrieb ist, die gesamte Planung Makulatur ist. Daher haben wir ab der zweiten Ladestation dann von Ladesäule zu Ladesäule geplant (so wie man auch Benzin tanken würde). Das ging überraschend gut, vor allem wenn man einen REX in der Hinterhand hat, der einen im Notfall rettet.
Die Hinfahrt
8:30 Uhr Beginn der Fahrt. Die ganze Strecke mit EcoPro+, was sehr entspannt von Statten ging. Auch auf der Autobahn konnte man gut auf der rechten Spur mitschwimmen. Für eine Tasse Kaffe und mehr als Generalprobe gedacht, ein kurzer Halt am Rasthof „Resser Mark“ an der A2 wo eine schöne RWE-Ladesäule kostenlos Strom lieferte. Leider gibt es hier keine CCS Ladung, obwohl Gleichstrom in Form von CHAdeMO vorhanden ist. Von dort nach Didam, wo uns die erste Fastned Station erwartete, an der wir mit CCS laden konnten. Leider nur auf einer Seite der Autobahn, so dass ein unschöner Umweg mit U-Turn nötig war. Hier das erste „Wow“-Erlebnis: Die (aktuell noch kostenlose) 50kW-CCS Ladung war ein Geschwindigkeitsrausch und die Freischaltung mit der Fastned-APP komfortabel und einfach. Innerhalb von 18 Minuten waren mehr als 11kW geladen und 80% SOC erreicht. Da muss man sich mit dem Pipimachen schon fast beeilen. Weiter zur nächsten Fastned Station Het Veen bei Heerde. Denn praktisch nur Fastned bietet derzeit CCS Ladung in den Niederlanden, und nach der ersten Turboladung wollten wir jetzt nur noch solchen Schnellstrom aus Wind- und Sonnenenergie. Auch hier klappte alles prima. Für die restliche Strecke zur Fähre reichte unser SOC leider nicht mehr. Auch wurde die Zeit knapp und die in den Niederlanden üblichen 11kW Säulen hätten für uns i3-Einphasenlader nur 3,7kW Ladung ermöglicht, was zu lange gedauert hätte. Also musste für einige Kilometer auf der Autobahn der Rangeextender ran.
Der Rangeextender
Dies war unsere erste Fahrt mit REX unter realen Bedingungen. Erstmal waren wir überrascht, dass man ihn doch im Fahrzeug deutlich hört, allerdings während der Fahrt nicht allzu störend und im Stand geht er sofort aus. Auf jeden Fall konnten wir nun bestätigen, dass die REX-Reichweite unabhängig vom SOC ist und man theoretisch beliebig oft nachtanken kann und so mit dem REX auch lange Strecken in 120km Etappen bewältigen kann. Ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist das in jedem Fall nicht. Daher wird wohl ein überzeugter Elektromobilist den REX nur in der größten Not einsetzen. Erst recht dann, wenn man den Sound des REX im Stand einmal ausserhalb des Fahrzeugs gehört hat! So erging es uns auf der Insel (siehe und höre Video). Aber der REX hat uns definitiv gerettet und auf der Hinfahrt das pünktliche Erreichen der Fähre ermöglicht. 15 Minuten vor Ablegen der Fähre waren wir am Anleger. Auf jeden Fall nicht zu früh.
Auf der Insel
Die kleine Insel Ameland hat immerhin zwei öffentliche 11kW Ladesäulen. Diese sind z.B. mit der TheNewMotion Karte freischaltbar. Die für uns Nächstgelegene war leider erstmal von einem Opel Ampera des Fährunternehmens belegt, aber am nächsten Morgen wieder frei, so dass wir dort laden konnten. Bis zur Rückfahrt war ja noch viel Zeit und auf der Insel fährt man sowieso fast nur mit dem Fahrrad. Doch hier der erste Schreck: Die TheNewMotion App zeigte richtig an, dass mit unserem i3 von den 11kW nur 3,7 kW zur Ladung nutzbar sind. Allerdings lud unser i3 noch nicht einmal mit dieser Schneckenladung, sondern nur mit knapp der Hälfte davon, also um die 1,5kW. So dauerte die Ladung von 11:00 morgens bis nach dem WM-Fußballspiel um 20:15 und auch dann war erst 95% SOC erreicht – in mehr als 9 Stunden! Leider zeigte sich im Verlauf, dass unser i3 an AC immer nur mit der Hälfte des Möglichen lud. Offenbar war der Defekt in der Ladeelektronik doch nicht vollständig behoben worden. An 22kW Säulen bekamen wir später auch nur 3kW. Egal welche Säule oder welches Kabel. Und ja: Im Menü des Fahrzeuges steht AC-Ladung auf MAX. Wir haben jetzt einen neuerlichen Werkstatttermin und hoffen, dass der Fehler behoben wird. Insofern war jetzt klar, dass für die Rückfahrt erst recht nur CCS-Ladung in Frage kam, da wir sonst für jede AC Ladung hätten übernachten müssen.
Die Rückfahrt
Für die Heimfahrt waren wir ohne Zeitdruck. Also beste Voraussetzungen um den REX nicht zu benötigen, dachten wir. Die erste CCS Station in Lageveen Veeningen an der A28 erreichten wir tatsächlich nach 135km rein elektrisch problemlos. Die CCS Säule dieser Fastned Station war aber ausser Betrieb. Zum Glück befindet sich auf der Gegenfahrbahn eine weitere Station. Hier lud unser i3 genau 30 Sekunden, dann schaltete sich die Säule ab und zeigte nur noch die darunter liegende Ubuntu-Linux 12.0 Betriebssystemoberfläche. Interessant. Der Telefonsupport konnte sie auch nicht reaktivieren, da die Säule durch den Absturz offline war. Man bot aber an einen Techniker zu schicken, der in frühestens in einer Stunde da sein könne. Da zogen wir es vor, mit REX zur nächsten CCS Ladesäule 30km weiter zu fahren. Dort konnten wir in einer halben Stunde genug Strom bekommen um wiederum weiter bis Didam zur letzten niederländischen CCS Säule zu kommen. Leider war an diesem Tag auch hier CCS ausser Betrieb und nur AC22kW verfügbar. Daher haben wir nur so viel Strom geladen, wie in einer Pause von 60 Minuten mit AC möglich war und den Rest mit REX nach Hause gefahren. Schade.
Zwischenfazit
Die insgesamt mehr als 700km Strecke haben wir bis auf etwa 150km mit REX rein elektrisch bewältigt. Den Strom haben wir an allen Ladestationen (noch) gratis bekommen, da die Netzwerke alle im Aufbau sind, wie wir bei der Rückfahrt auch schmerzlich gemerkt haben. Nur einmal haben wir den REX neu betanken müssen und gleich 15 Euro bezahlt. Diese 15 Euro und die Kosten für die Fähre waren für die gesamten 700km Strecke alles, was wir unterwegs zahlen mussten. Ohne den REX wären wir gestrandet, bwz. hätten zum Laden irgendwo übernachten müssen. Vor allem, da unser AC-Lader augenscheinlich immer noch defekt war und wir nur extrem langsam am AC laden konnten. Das elektrische Fahren mit dem i3 macht Freude und ist sehr komfortabel, selbst wenn man wie wir, um die Reichweite zu erhöhen, fast nur mit EcoPro+ und um die 90km/h auf der Autobahn gefahren ist. Natürlich wurden wir auf der Fahrt regelmäßig auf das elektrische Fahrzeug angesprochen. Das kannten wir aber schon. Die Fastned Stationen haben uns wirklich beeindruckt. So sollten elektrische Tankstellen der Zukunft sein! Auch wenn Fastned bisher nur 9 Stationen an den Autobahnen in NL fertig gestellt hat, sind diese so gut verteilt, so dass man mit dem i3 die Niederlande von Süd nach Nord komplett mit CCS elektrisch durchfahren kann. Ausserdem gibt es dort CHAdeMO und 22kW AC. Fastned plant 200 (!) Ladestationen in den Niederladen und will wohl auch in Deutschland Stationen errichten, wenn „rechtliche Fragen“ geklärt sind, wie man mir auf Nachfrage versicherte. Abgesehen davon, dass die Fastned Stationen sehr aufgeräumt und optisch ansprechend sind, konsequenter Weise ein Solardach haben und für den Strom nur Wind- und Sonnenstrom verwendet wird, sind die gelben Riesencarports im Vorbeifahren bestens zu erkennen. So ist keine Schnitzeljagd zur Ladesäule nötig. Ich finde das simple Bezahlmodell per App und ohne Grundgebühr sehr angenehm. Für all diese Vorzüge erscheinen mir die zukünftig fälligen 69 Cent je kWh auch absolut angemessen. Eine Grundgebühr würde sich für mich nicht lohnen. Da zahle ich gern pro kWh entsprechend mehr.
Erkenntnisse aus unserer ersten i3-Langstrecke:
- CCS 50kW ist eigentlich die einzige sinnvolle Lademöglichkeit für den i3 unterwegs.
- Deutschlands Ladeinfrastruktur für CCS ist (noch) mehr als dürftig.
- REX ist laut und klingt nicht gut, lädt zum Abschalten ein.
- Bei den derzeitigen Defiziten in der Infrastruktur bin ich trotzdem froh den REX für den Notfall zu haben
Ach ja: Ich habe jetzt den Steuerbescheid für den i3-REX bekommen. 14 Euro für ein Jahr. Zwar nicht steuerbefreit, wie der rein elektrische Smart ED, aber die 14 Euro sind ok.
Demnächst werde ich hier berichten, wie es mit dem defekten AC-Lader weiter gegangen ist. Auch über die innovativen Fahrassistenzsysteme und das Navigationssystem lohnt es sich einige Worte zu verlieren. Manches ist wirklich gelungen, anderes wurde offenbar nicht zu Ende gedacht.
Fortsetzung folgt …