Ist es für einen Elektromobilisten etwas Besonderes, mal ein anderes Elektroauto zu fahren?

Ich hatte das große Glück, bisher fast jedes elektrisch betriebene Serienmodell fahren zu dürfen – egal ob es ein Renault Twizy, ein Mitsubishi i-MiEV, oder ein Tesla Model S war. Zuletzt war es der neue BMW i3, der mich genauso überzeugen konnte, wie Michael.

Um eine Antwort auf meine Frage zu geben: ja, es ist immer noch etwas Besonderes, ein anderes Elektroauto fahren zu dürfen. Vor allem, wenn es ein Elektroauto ist, das neu auf den Markt kommt. Kurz nach dem Markstart des BMW i3 wurde auch der e-up! von Volkswagen bei den ausgewählten Stützpunkt-Händlern präsentiert, nachdem er bereits auf der IAA 2013 in Frankfurt vorgestellt wurde.

Nach einer Anfrage bei unserem örtlichen Händler, der zufällig VW-e-Stützpunkt ist, bekam ich die spontane Möglichkeit zu einer Probefahrt am folgenden Tag. Da ich schon seit längerer Zeit mit unserem Händler in Sachen EcoDrive-NRW zusammenarbeite, wusste ich schon, dass vor dem VW-Verkaufsraum eine Ladesäule aufgestellt wurde, mit der der e-up! nach Probefahrten aufgeladen werden kann. Außerdem gibt es eine Lademöglichkeit im Werkstattbereich des Autohauses.

Die Ladestation vor dem Verkaufsräum ist nichts besonderes: eine Platte mit der Aufschrift ‚e-Station’, an der eine Art Wallbox hängt, die mit einem dünnen Kabel und Typ-2-Stecker ausgestattet ist. Sie hat eine Leistung von 3,7 kW. Mehr braucht der e-up! auch nicht, denn –ausgenommen an CCS-Säulen– kann der up! eh nicht schneller laden. An dieser Säule nuckelt der e-up! noch ein wenig Strom, damit er für die Probefahrt auch zu 100% geladen ist:

e-up!

Da steht er also vor mir. Der Stromer, den ich gleich testen werde. Silber ist er, mit Glasdach. Nicht aufregend. Bodenständig. Ein echter Volkwagen halt. Auf der Seite steht ‚Einfach elektrisch. Inspired by ThinkBlue.’ –  ansonsten kann man ihn nicht großartig von einem anderen ‚gewöhnlichen’ up! unterscheiden. Süß finde ich ihn schon, ein kleines Stadtauto. Viele würden dazu Frauenauto sagen, aber das sagen sie zu meinem Smart ED auch – und trotzdem will ich ihn um nichts in der Welt gegen ein anderes Auto eintauschen! Doch zurück zum up!.

Angeleuchtet wird er durch das Licht im Autohaus, das durch die großen Glasflächen scheint. Diese Flächen sind sogar mit Werbung für den e-up! beklebt – eine große Steckdose, davor ein Stecker, daneben die Aufschrift ‚Einfach elektrisch. Der neue e-up!’. Diese Werbung ist deutlich größer, als die vom i3, die ich bisher bei BMW wahrgenommen habe. Gespannt gehe ich in den Verkaufsraum, um zu gucken, ob der e-up! dort auch ein stiefmütterliches Leben führt, wie viele andere Elektroautos bei anderen Händlern.

Beim Betreten des Ausstellungsfläche stelle ich zu meiner großen Überraschung fest, dass der e-up! dort nicht versteckt wird. Direkt hinter dem Eingang wird der up! ausgestellt und hat, im Gegensatz zu allen anderen Modellen, enorm viel Platz zur Verfügung. Verschiedene Info-Aufsteller zum Fahrzeug und ein Ladesäulen-Dummy werden neben dem Fahrzeug präsentiert. Ich bin wirklich begeistert von der Präsentation. Leider ist es kein stylisches Display allá BMW, aber der Standort des up! ist super – von Innen viel Platz und direkte Position in der ersten Reihe hinter’m Schaufenster, sodass jeder das Fahrzeug  auch von Außen sehen kann. Besser geht es kaum!

Dass ich das super finde, habe ich dem Verkäufer natürlich auch gesagt und er hat sich sehr darüber gefreut. Dass ich aber mich nicht lange bei ihm aufhalten möchte, sondern das Fahrzeug fahren will, fand er sehr verständlich. Also schnell den üblichen Papierkram erledigt und schon konnte es losgehen. Interessant fand ich dabei die Information, dass das Vorführfahrzeug nur dann kosten verursacht, wenn es gefahren wird. Heißt also, wenn er nur rumsteht, kostet er das Autohaus nichts, wenn er gefahren wird, kostet jeder Kilometer 0,34€. Auch mal gut zu wissen!

Aber nun raus, zum Fahrzeug.

Ein ‚normaler’ VW up! in silber. Doch als ich das sagte, wurde ich auf die kleinen, aber feinen optischen Unterschiede aufmerksam gemacht. So wurde dem e-up! ein LED-Tagfahrlicht in die Stoßstange verpasst, das die Lüftungsgitter umrahmt. Das gleiche Motiv findet man auch am hinteren Stoßfänger – hier wurden die Reflektoren so verarbeitet, dass sie den Stoßfänger ‚einklammern’. Ansonsten kann man nur sagen, dass der e-up! als optische Besonderheit eine blaue Umrandung der Konturen des VW-Logos an der Motorhaube hat – mehr nicht. Diese drei Unterschiede machen den e-up! erkennbar.

VW Logo   Ladesäule

Unter der ‚Tankklappe’ befindet sich der Anschluss für das Ladekabel. Der up! ist über Typ-2 und CCS aufladbar, deswegen gibt’s unter der Klappe auch 2 Anschlüsse, die mit Plastikkappen abgedeckt sind. Das erinnert mich schon ein wenig an den alten Tankdeckel, der an einer Schnur hängt und während des Tankens einfach runterbaumelt. Man zieht, je nach Ladung, einen oder beide Plastikkappen ab und steckt den Stecker in’s Fahrzeug. Mehr kann man auch nicht über das Äußere des Autos sagen, denn es ist und bleibt ein VW up!, den vermutlich jeder direkt vor Augen hat.

Diese geringen Veränderungen spiegeln sich auch im Innenraum wieder. Auch innen ist er ein typischer up! mit einer Klimaautomatik, die so nur im e-up! verfügbar ist, und einem portablen Navigations- und Informationssystem von Garmin. Über dieses Navigations- und Informationssystem kann man sich sämtliche Informationen zum Fahrzeug im Fahrbetrieb anzeigen lassen, wie in jedem herkömmlichen Elektroauto auch. Es liefert Informationen über die Restreichweite, den aktuellen Energieverbrauch, der sogar durch Tipps zur Fahrweise gemindert werden soll. Außerdem kann man sich sie nächsten Ladestationen anzeigen lassen und kann die normalen Sachen wie die Freisprechanlage oder die Media-Einstellungen bedienen.

Boardcomputer  Rekuperation  Energiefluss

Innenraum VW e-up!

Ansonsten ist der up! von innen schlicht gehalten, mit dem Dashboard, das man sich in Wagenfarbe lackieren lassen kann. Das einzige das noch auffällt, ist der Schalthebel der Automatik und ein kleiner Knopf mit der Aufschrift ECO und ECO+. Der Kofferraum im e-up! musste ein wenig verkleinert werden, um den Akku unterhalb des Fahrzeuges anzubringen, das merkt man aber im Alltagsbetrieb kaum.

Als ich endlich in’s Fahrzeug eingewiesen bin und mir die nötigen Informationen angehört habe, konnte ich endlich losfahren. Ja ja, ich weiß. Das klingt jetzt total blöd und unfreundlich von mir, aber ich meine hey, es ist ein Volkswagen – kenns’e einen, kenns’e alle! Da überrascht einen nichts mehr, man weiß, was man zu erwarten hat. Außerdem zählt bei einem Elektroauto ja auch die Performance und die wollte ich jetzt rausfinden!

Leider war es Freitag Nachmittag und starker Feierabendverkehr, als ich flüsterleise vom Hof schlich. Doch genau das ist, was dem up! liegt. Locker schwimmt er mit, ohne dabei aufgeregt zu sein. Als ich ihn übernommen habe, hatte er eine Gesamtlaufleistung von 153 km und zeigte mir auch 160 km Restreichweite an, mit denen VW auch maximal wirbt. Die Restreichweite bleibt im fließenden Verkehr auch relativ lange auf einem hohen Niveau, lässt am Berg aber dann deutlich nach, wie bei fast jedem Elektrofahrzeug. Am Ende schafft der e-up! vermutlich 120-140 km im Alltag und damit für vermutlich 90% der Bevölkerung mehr als genug.

Tacho

Die bereits erwähnten verschiedenen Fahrstufen Normal, Eco und Eco+ unterscheiden sich durch abgeregelte Motor- und Heizleistung, wie es beispielsweise auch schon beim ZOE gemacht worden ist. Allerdings war es bei 4°C Außentemperatur doch etwas zu kalt, um im Eco+ dauerhaft zu fahren und irgendwann nützt die Sitzheizung auch nichts mehr, wenn der Rest des Körpers kalt ist, oder? Beim Einschalten der Heizung/Klimaautomatik geht die Restreichweite um ca. 15 km  zurück, bei meinem smart sind es 5-10 km. Man muss aber sagen, dass der Eco+ Modus im Stadtverkehr vollkommen ausreicht und man gar nicht mehr benötigt.

Mit 82 PS Spitzenleistung ist der up! mehr als gut ausgestattet. Wenn man mal ein wenig zu stark auf’s Strompedal tritt, zeigt der kleine Kraftprotz, was er kann und lässt ordentlich seine Vorderreifen durchdrehen – beeindruckend, finden auch andere! Seine 210 Nm Drehmoment sind ordentlich und beschleunigen den kleinen sehr gut. Es ist kein Tesla, das ist klar. Der will er aber auch gar nicht sein, so dauert es halt seine Zeit, bis er auf 100 km/h ist. Aber wer fährt schon 100 km/h in der geschlossenen Ortschaft? Dafür ist er immerhin gebaut worden!

Das schöne während der Fahrt ist die einstellbare Rekuperation im up!. Man kann am Schalthebel 3 unterschiedliche Rekuperationsstufen auswählen, die den Wagen entweder lange segeln lassen, oder auch relativ schnell abbremsen und dadurch Energie zurückgewinnen und in den Akku einspeisen. Zusätzlich gibt es eine Besonderheit im up!: er hat nicht nur 3 Rekuperationsstufen, sondern auch eine Bremsstufe, die man ebenfalls über den Schalthebel einstellen kann. In dieser Stufe ist die maximale Rekuperation eingestellt, bei der dann sogar die Bremsleuchten aufleuchten. So kann man größtenteils auf die Bremse verzichten und das Fahrzeug auf diesem Weg durch den Alltag steuern.

Nach einer Stunde und 50 km Strecke habe ich den up! mit knapp 65% Akku wieder abgegeben. Ordentlich, wie ich finde! Ich habe den up! dabei im Stadtverkehrs und Überland gefahren und konnte wirklich nichts negatives feststellen. Und das lässt meine Spannung auf den e-Golf schon deutlich steigen. Ich bin gespannt, wie er sich präsentieren wird.

Nachdem ich den up! wieder an die Ladesäule gestellt und geladen habe, gebe ich den Schlüssel bei dem Verkäufer ab und berichte von meinen Erfahrungen mit dem Fahrzeug und verlasse das Autohaus, um mit meinem smart ED nach Hause zu fahren.

Logo + Rücklicht

Und wieder einmal denke ich:

Oh man, ist das ein gutes und vollkommen alltagstaugliches Fahrzeug! Volkswagen hat – wie so oft – lange gewartet und hat dann doch mit dem, was sie abgeliefert haben, überzeugt. Das was er macht, macht er gut. Aber das war ja auch nicht anders zu erwarten. Der e-up! ist ein toller kleiner Stadtflitzer, der sehr viel Spaß bereitet und gerne mit den durchdrehenden Reifen mit den großen an der Ampel spielt.

Mit einem Anfangspreis von 26.900,- € scheint der up! auf den ersten Blick ziemlich teuer. Allerdings muss man festhalten, dass der Akku dabei schon beinhaltet ist und keine monatlichen kosten mehr für die Batterie anfallen.

Alles in allem muss ich sagen, dass ich die Fahrt im kleinsten aus dem Hause VW sehr genossen habe und es mir sehr viel Spaß bereitet hat. Kaufen würde ich ihn mir allerdings nicht, was aber weniger mit der Performance des Fahrzeuges zu tun hat, als mehr mit der Optik – er spricht mich leider nicht an. Ich bin mir dennoch sicher, dass er seine Käufer finden wird und diese auch genauso begeistern wird, wie mich!

Was ich noch kurz loswerden will: ich bin der Meinung, jeder Besitzer eines Verbrenners sollte eine Woche lang ein Elektrofahrzeug zur Verfügung gestellt bekommen und damit seinen Alltag bewältigen. Dann würden über 90% merken, dass es vollkommen alltagstauglich ist! Trotzdem würde dann immer noch mit Reichweitenprobleme für Urlaubsfahrten argumentiert werden, obwohl es mehr als einen Autovermieter in Deutschland gibt. Seien wir doch mal ehrlich: ich habe ja auch nicht einen Transporter vor der Tür stehen, weil ich eventuell ein Mal im Jahr etwas größeres transportieren muss!

In diesem Sinne – auf ein gutes, neues Jahr, das die Elektromobilität vorantreiben wird!